Leistung1 Honorar1

12.07.2022

App/ToolProfessur für Architektur und Bauprozess, ETH Zürich2022

Value app

Ein gemeinsames Projekt der ETH und des SIA

Ziele, Idee, Ausgangslage und Funktionsweise

Review Testphase 2 (... und Preface)

Die Value app

  • versteht sich als Stundenaufwandmodell,
  • ist eine Web basierte Applikation (Zugänglichkeit und Sharing),
  • ist open source (Transparenz, Datenvielfalt und -menge),
  • zielt auf die Eigenverantwortung und das Ermessen
  • ist ein Angebot für Mitglieder des SIA und der ganzen Branche.

Die Value app fokussiert auf

  • die Definition des Projekts (Qualität und Quantität),
  • den Wert der Leistungserbringung,
  • die Bestimmung des Aufwands,
  • die Zusammenarbeit unter den Beteiligten (Auftraggebende, Planende und Spezialisten).

Ausgangslage und Ziele

Wir entwickeln die Value app seit Herbst 2019 an der ETH Zürich. Seither wollen wir Studierenden den Wert vermitteln, den wir als Architekten/-innen nicht nur unseren Auftraggebenden, sondern auch der Gesellschaft geben. Dazu gehört im Bereich Unternehmertum das «Verständnis des Projekts», der «intellektuellen Dienstleistung» (sowohl Basisleistungen als auch zusätzliche) und die «Verantwortung» als Büroinhaber/in, der Sozialkompetenz. 

Die Value app baut auf das etablierte SIA Leistungsmodell und deren Leistungsbereiche auf und betrachtet wie bisher beim Thema Honorar die Kopplung von Büro, Projekt und Leistung. Durch die Betrachtung und die Verfolgung der geforderten Transparenz für alle Beteiligten generiert sie in jedem Bereich neue Ansätze, besonders bei der determinierenden Grösse und der Einbindung von externen Rollen und unterschiedlichen Organisationsmodellen.

Die Value app unterstützt

  • und baut auf den etablierten SIA Grundlagen (SIA 112 etc.) und Werten auf
  • und nimmt darauf Bezug
  • und garantiert die Durchgängigkeit zu den Grundlagen (SIA 112 etc.).

Die Value app begleitet

  • und ist unabhängig
  • und ist open source.

Testphase

Nach der Entwicklung des Setups sind bisher zwei Testphasen durchgeführt worden: Die erste diente zur Prüfung des Setups, die zweite zur Verifikation. Um die Value app auch der Praxis zur Verfügung zu stellen, haben wir ab Winter 2021 (zweite Testphase)  zusammen mit dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) Tester/-innen eingeladen, Erfahrungen einzubringen und die Gebrauchstauglichkeit zu prüfen.

Bisher bestätigten die Testphasen das definierte Set up und die gewählte Methodik.

Erste Testphase (Sommer 2021)

  • Support: 3 CH Büros, Experte Treuhand, Experte Kostenplanung
  • Einzeltestungen mit Schlussbesprechung: 50 CH Büros (etwa 750 MA)
  • Workshops mit Feedback: 120 Studierende
  • Einbindungen: Auftraggebende, 3 Fachplanende (103/108), 2 D Büros
  • Präsentationen: Vorstand SIA

Zweite Testphase (Winter 2021/Frühling 2022)

  • Support: Expert review (Usability)
  • Workshops mit Feedback: 100 CH Büros, 7 Auftragebende
  • Befragungen mit Feedback: 27 CH Büro
  • Einzeltestungen mit Schlussbesprechung: 30 CH Büros
  • Einbindungen: Auftraggebende, 3 Fachplanende (103/108)
  • Präsentationen: Kommissionen SIA, Berufsgruppen SIA, Sektionen SIA

Der Einbezug der Praxis ist ein wesentlicher Teil der Methodik und unabdingbar. Hilfreiche Instrumente waren/sind Workshops (Mitarbeit der Teilnehmenden) und Einzelbesprechungen (Feedback und Details).

Feedback

Die App ist klar strukturiert und in entsprechende Blöcke aufgeteilt. Der Aufbau ist didaktisch und die Usability für ein Projekt in der Testphase bereits sehr gut. Die gewählte Methodik hat sich bewährt und die Wahl der neuen determinierenden Bezugsgrösse ist für die Mehrheit der Teilnehmer nachvollziehbar.

Die Value app liefert momentan nur für bestimmte Projektgrössen vergleichbare Daten, die Modellierung der Faktoren und des daraus resultierenden Stundenansatzes beginnt erst mit Etablierung der Methodik. Die Kritikpunkte, dass die App geringe Eingriffstiefen oder beispielsweise Fassadensanierungen nicht abbilden kann, wurde aufgenommen und ist Teil der Weiterentwicklung. Ebenso wird es einen sog. «Expertenmodus» geben, der eine effizientere Eingabe zulässt und die gewünschte Transparenz gewährleistet. Die Datenlage wurde oft hinterfragt, diese ist aber aufgrund der gewählten wissenschaftlichen Methodik kein Kritikpunkt. Von Seiten der vertretenen Bauherren kam der dringende Appell, dass die App das Gesamthonorar über alle Disziplinen ermitteln muss, um zur Anwendung zu kommen. Ziel der Testphase war eine Überprüfung der Methodik, nicht der Faktoren.

Grundsätzlich benötigen Paradigmenwechsel, wie die notwendige Abkehr von Baukosten hin zu neuen Bezugsgrössen viel Zeit. Der Unterschied zwischen der eingangs durchgeführten Befragung und dem abschliessend ausgefüllten Fragebogen nach der intensiven Auseinandersetzung innerhalb der Workshops zeigen ein positives Bild. 75% der Teilnehmer bescheinigen der Value app ein mittleres bis hohes Potential, die Erwartungen an eine Kalkulationshilfe zu erfüllen.

Folgen Sie der Value app Tour weiter unten, um Einblick in die derzeitige Version der Value app zu erhalten.

Preface: Was in der neuen Version der Value app zu erwarten ist

Im Bereich des Set ups

  • Einführen weiterer determinierender Grössen (bisher nur m2 GF)
  • Implementierung der Eingriffstiefe nach BKP 22 bis 28 bei der Aufgabe «Umbau»
  • Streichen «externe Rollen» bei der Leistungsdefinition, einführen von «Schwerpunktthemen»

Im Bereich der Verifizierung

  • Skalierung des Grundwerts «Stundenaufwand» in Abhängigkeit zur Projektgrösse

Im Bereich der Usability

  • Trennung von externen Sichtweisen (Zusammenarbeit: Bereiche Projekt und Leistung) und interner (Ermessen: Bereich Büro)
  • Einführen des «Expertenmodus»
  • Wording und Vereinfachungen im Bereich «Komplexität»
  • Einführen von individuellen Korrekturen bei allen Ergebnissen/in allen Feldern

Im Bereich der Plattform

  • Userverwaltung: Zugänge, Rollen und Berechtigungen
  • Projektverwaltung
  • Datenaustausch zwischen verschiedenen Beteiligten

 

Wir stellen Ihnen verschiedene Kanäle für Ihre Bemerkungen zur Verfügung. Generell erreichen Sie uns immer unter bauprozess@arch.ethz.ch.

www.value-app.ethz.ch

Login mit ETH Benutzername und Passwort oder persönlicher Benutzername und Passwort der Tester/innen
Registrierungskontakt: bauprozess@arch.ethz.ch

Value app Tour, Testversion 2022

Fragen und Antworten

Welche Methodik liegt der Value app zugrunde?

Die Value app ist deduktiv entwickelt: Das heisst, dass aus einer allgemeinen Theorie eine Aussage (das Setup der Value app) getroffen wurde. Die anschliessende Verifikation überprüft das definierte Setup mittels Daten und Statistiken und lässt Anpassungen und Modellierungen zu. Die Verifikation ist als kontinuierlicher Verbesserungsprozess angelegt (vgl. PDCA-Zyklus).

Jede Eingabe in der Value app führt zu einem bestimmten Multiplikationsfaktor. Diese sind zum Teil proportional, zum Teil auf anderen Verhältnissen basierend. Die einzelnen Summanden werden zur Gesamtstundenzahl addiert. Es ist eine regelmässige Aufgabe, diese Faktoren über Referenzprojekte zu verifizieren und wieder zu veröffentlichen.

Welche Referenzwerte-/zahlen liegen der aktuellen Value App zugrunde?

Eine genügende Anzahl von Referenzwerten und -zahlen ergeben Statistiken, die per se keine Erfahrungswerte darstellen. Sie genügen dem Kriterium der Repräsentativität. Der Value app liegen in der deduktiven Methodik (Definition des Setups) mehrheitlich öffentlich zugängliche Statistiken Dritter (zum Beispiel Bundesamt für Statistik) zugrunde. Sie sind open source und zeitunabhängig. Der Verifikation liegen Statistiken Dritter zugrunde, sie sind zeitabhängig.

Diverse Statistiken des Bundesamts für Statistik können klar belegt werden. Sie werden durch die entsprechenden Stellen laufend aktualisiert. Das Indexhaus wird zur Zeit nicht mehr verwendet. Das Bundesamt für Statistik weist in diesem Zusammenhang auf werk-material.online hin, welche als Ersatz quasi empfohlen wird. In diesem Zusammenhang ist auch das Zusammenspiel der 4 Ersatzmassnahmen von grosser Bedeutung, wo werk-material.online für die SIA-Mitglieder nun dieselben Zugangskonditionen erhalten wie CRB-Mitglieder oder Abonnenten von WerkBauenWohnen. Damit ist eine breitere Abstützung über verschiedene Bauwerke und Bauwerksarten möglich.

Welche Grössen liegen der Value app zugrunde?

Die neuen determinierenden Grössen (zurzeit ist die Geschossfläche GF nach SIA 416 diejenige für Architekten/-innen) definieren die Bauaufgabe, sind Teil der Projektdefinition und stehen in einem direkten Verhältnis zum Stundenaufwand.

Beispiel: 10’000 m2 GF mit der Nutzung «wohnen» ergibt einen Aufwand von 20'000 Stunden. Der Grundwert ist hier 120 Minuten/m2 GF. Hinweis: Der Grundwert ist hier vergleichbar zum bisherigem mittleren Stundenaufwand Tm.

Für die weiteren Disziplinen Bauingenieurwesen (SIA 103), Landschaftsarchitektur (SIA 105) und Gebäudetechnik (SIA 108) werden eigene determinierende Grössen definiert. Alle Grössen haben das Ziel, das Projekt zu beschreiben.

Wie fliesst die Schwierigkeit einer Bauaufgabe ein (bisher Schwierigkeitsgrad)?

Die Schwierigkeit wird neu als Komplexität der Bauaufgabe definiert. Die nutzungsspezifische Komplexität ist durch die Beschreibung der «Anforderung» und der «Aufgabe» eindeutig von allen Beteiligten zuordenbar. Messbar wird die Komplexität durch den Komplexitätsgrad (zurzeit: einfach, funktional, kompliziert und komplex) von vier verschiedenen Komplexitätsarten (zurzeit: gestalterisch, räumlich, technisch und organisatorisch). Der gewichtete Komplexitätsgrad transformiert (erhöht/verringert) den Grundwert des Stundenaufwands projektspezifisch.

Beispiel: Ist der gewichtete Komplexitätsgrad der Nutzung «wohnen» 1,1, so ergeben 10’000 m2 GF mit der Nutzung «wohnen» einen Aufwand von 22'000 Stunden (Der transformierte Wert ist 132 Minuten/m2 GF. Hinweis: Der transformierte Wert ist hier vergleichbar zum bisherigen prognostizierten Stundenaufwand Tp.

Wie fliessen bürospezifische Faktoren ein?

Bürostruktur und Auftragsstruktur sind die in der Value app verwendeten bürospezifischen Grössen. Sie ordnen Merkmale repräsentativen Gruppen (im Fall der Value app «Büros») zu und widerspiegeln annäherungsweise sowohl deren Selbstkostensätze als auch einen Risiko-/Gewinnanteil.

Es wird empfohlen, den «mittleren bürointernen Stundenansatz» (Selbstkostensatz und Risiko-/Gewinnanteil) anhand der eigenen Bürodaten wie Bruttolöhne, Gemeinkosten, Soll-Arbeitszeit, Produktivität und Risiko-/Gewinnanteil) kontinuierlich zu kalkulieren, zu verfolgen und zu kontrollieren. Die Value app mit ihrem statistischen Raster kann in diesem Fall zur Prüfung herangezogen werden.

Welcher Leistungsbeschrieb liegt der Value app zugrunde?

Gestützt auf dem «Modell Bauplanung» der Verständigungsnorm SIA 112, liegt zurzeit Artikel 4 «Leistungsbeschrieb» der Ordnung SIA 102 2020 zugrunde. Später folgen die Artikel 4 der Ordnungen SIA 103, SIA 105  und SIA 108.

Soll die Value-App Basis zum Abschluss von Verträgen sein?

Verträge unterliegen dem Ermessen der Beteiligten, für das es eine Auslegeordnung braucht. Die Value app kann zum Abschluss von Verträgen führen, da ihr primäres Ziel die Herleitung und/oder die Überprüfung der Projekt- und Leistungsdefinition (Auslegeordnung) ist. Die App schafft für Auftragnehmende wie Auftraggebene Informations- und Kalkulationstransparenz darüber, welcher Leistungsaufwand erwartet wird. Darauf aufbauend kann als sekundäres Ziel auch ein Honorar ermittelt und vereinbart werden. Später kann die Value app auch zur Bewirtschaftung eines Vertrags herangezogen werden (zum Beispiel Projektänderungen, nicht abschliessend zu definierende Leistungen etc.), die zur Schlussrechnung führt.

Auch eine direkte Verknüpfung mit den SIA-Verträgen ist denkbar, sie ist aber zurzeit noch nicht möglich.

Wer sind die geeignetsten Planenden und welches ist das beste Konzept für die Ziele der Auftraggebenden? Sobald die Bedürfnisse und Ziele der Auftraggebenden präzisiert und die Rahmenbedingungen im Hinblick auf den Ort, das Programm, die Kosten und die Termine festgehalten sind, beginnt die Phase der Planer- und Konzeptevaluation, in der die Auftraggebenden beabsichtigen, den ihren Zielen entsprechenden Lösungsvorschlag und die geeigneten Planenden zu dessen Realisierung zu finden. Als Grundlage für diese Evaluation dienen die Projektdefinition, die Pflichtenhefte und allfällige wichtige Ergebnisse aus der Phase Machbarkeit.

Wettbewerb, Gleichbehandlung, 3-Dimensionen-Modell

24.08.2018 2 Seite(n)

Das Honorar ist unabdingbar mit dem unternehmerischen Handeln des Entrepreneurs Planer verbunden. Die Kontrolle eigener, bürointerner Verhältniszahlen, wie zum Beispiel das Verhältnis zwischen den auftragsbezogenen und somit bezahlten Arbeitsstunden und der Soll-Jahresarbeitszeit – dieses Verhältnis wird Produktivität genannt – ermöglicht es, die Unternehmensführung mit der jeweiligen Projektkontrolle zu verbinden, sich Übersicht zu verschaffen, zu prüfen und eine langfristige Perspektive zu erstellen. Auch wenn in einigen Ländern das Honorar mittels Leistungsprozentpunkten unmittelbar über die Erstellungskosten kalkuliert werden darf und kann, empfiehlt es sich, die Kostenstruktur des eigenen Büros zu evaluieren: So kann der vereinbarte Stundensatz mit dem bürointernen Stundensatz verglichen werden.

Bürointerner Stundensatz, Beschaffungswesen

29.05.2020 4 Seite(n)

Jedes Projekt ist definitionsgemäss einzigartig und besitzt sowohl einen klar definierten Startpunkt als auch einen solchen Endpunkt. Zur Realisierung eines Projekts ist als gemeinsame Grundlage aller Akteure Fachwissen und Prozessverständnis notwendig: Beides in Verbindung wird Design Quality genannt. Der Planungs- und Bauprozess umfasst die gesamte Wertschöpfungskette, von der ersten Intention der Auftraggebenden über die Planung und Ausführung, die Bewirtschaftung des Projekts bis zu dessen Rückbau. Planen und Bauen sind keine Kompetenzbereiche von Einzelnen, hier bedarf es mehrerer Akteure. Dieser auf Kollaboration basierende Prozess betrifft wirtschaftliche und umweltbezogene Aspekte, die in ein gesellschaftliches und baukulturelles Umfeld einzubetten sind.

Prozessmodell, Leistungsdefinition, Kollaboration, Raumprogramm

06.12.2019 2 Seite(n)

«Wie komme ich zu Aufträgen?» ist die Schlüsselfrage einer Unternehmung. Akquisition oder Akquise bezeichnet diesen Prozess, Kunden und Kundinnen zu gewinnen. Bei Planungsaufträgen ist die Zusammenarbeit zwischen Auftraggebenden und den Architekten eminent. Deshalb sind hier nicht nur das Honorar und die Qualität für die Auftragsvergabe massgebend, sondern eine Vielzahl von Faktoren, die letztendlich den Entscheid beeinflussen. Um gezielt und erfolgreich akquirieren zu können, ist es wichtig, die Seite der Auftraggebenden zu verstehen. Je nach Art der intellektuellen Dienstleistung gibt es unterschiedliche Strategien zur Auftragsgewinnung. Wir empfehlen, die Akquisition als eigenes Projekt zu betrachten.

Unternehmensplanung, Strategie, Kompetenz, Kapazität, Kunde, Finanzierung

30.10.2019 2 Seite(n)