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Planervertrag

«Planervertrag» ist der Überbegriff für den Vertrag zwischen dem Auftraggebenden (in der Regel der Bauherr) und Architekten, Ingenieurinnen oder Spezialisten. Er dient zur Festschreibung der Projektziele, des Leistungsumfangs, der Planungs- und Ausführungsorganisation sowie der Art der Honorierung. Er ist die rechtliche Grundlage zwischen einem Planenden und einer Vertragspartnerin und liegt in seiner Ausgestaltung im Ermessen der Partner. Die Erarbeitung des Planervertrags ist die Suche nach dem Konsens. Das bedeutet, die gegenseitigen Erwartungen zu klären, Rechte und Pflichten zu formulieren, Verantwortlichkeiten und Weisungsbefugnisse zu definieren und den Leistungsaustausch der Vertragspartner festzuhalten.

VertragsgestaltungVertragsartenHaftung
26.03.2020 4 Seite(n)

Vertragsarten

Das Obligationenrecht (OR) ist die übergeordnete Rechtsgrundlage für alle Vertragsverhältnisse in der Schweiz. Der Planervertrag ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, weder der Architekten- noch der Ingenieurvertrag. Für den Planervertrag kommen  zwei Vertragstypen infrage, der Auftrag (Art. 394 OR) oder der Werkvertrag (Art. 363 OR). Beim Auftragsverhältnis wird eine Dienstleistung, beim Werkvertragsverhältnis ein Werk, also ein bestimmter Arbeitserfolg, vereinbart.

Im Fall des Planervertrags schulden die beauftragten Planenden den Auftraggebenden eine Dienstleistung, genauer eine Planerleistung zur Erstellung eines Bauwerks. Der Begriff der Planerleistung ist weit gefasst und schliesst auch die Erstellung eines Kostenvoranschlags und die Übernahme der Bauleitung ein 1 . Im Gegenzug verpflichten sich die Auftraggebenden zu einer Vergütung, wenn dies verabredet oder üblich ist 2 .

Auch da das OR nicht die planer- und bauspezifischen Belange enthält, wurden vom SIA drei Musterverträge erarbeitet, die auf die Ordnungen SIA 102, 103 und 108 für Leistungen und Honorare abgestimmt sind.

SIA 1001/1 Planer-/Bauleitungsvertrag

Dieser Vertrag (SIA 1001/1 Planer-/Bauleitungsvertrag, Ausgabe 2020) regelt das Auftragsverhältnis zwischen Auftraggebenden und Planenden, wobei die Beauftragten sowohl Einzelplanende, eine Planergemeinschaft oder Generalplanende sein können.

SIA 1001/2 Gesellschaftsvertrag für Planergemeinschaft

Dieser Vertrag (SIA 1001/2 Gesellschaftsvertrag für Planergemeinschaft, Ausgabe 2020) regelt das interne Vertragsverhältnis der einzelnen Planenden innerhalb einer Planergemeinschaft. Der Gesellschaftsvertrag ist mit dem Hauptvertrag zwischen der Gesellschaft und den Auftraggebenden abzustimmen.

SIA 1001/3 Subvertrag für Planer- und/oder Bauleitungsleistungen

Dieser Vertrag (SIA 1001/3 Subvertrag für Planer- und/oder Bauleitungsleistungen, Ausgabe 2020) regelt das Auftragsverhältnis zwischen Auftraggebenden und Subplanenden,die über die Leistungen ihrer Berufsgattung einen separaten, dem Hauptvertrag untergeordneten Vertrag abschliessen. Das heisst als Subplanende schliessen Einzelplanende einen Vertrag mit Einzelplanenden oder mit einer Planergemeinschaft oder einem Generalplaner oder einer Totalunternehmerin ab. Wichtig ist, den Subvertrag mit dem Hauptvertrag abzugleichen. Die Subplanenden haften gegenüber den Auftraggebenden für die Leistung, die sie vertraglich vereinbart haben.

Vertragsgestaltung

Voraussetzung für die Vertragsgestaltung ist eine klare Projektdefinition. Basis ist «die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung» 3 . Abgestützt auf die gesetzlichen Regelungen kann ein Vertag grundsätzlich frei gestaltet werden und liegt im Ermessen der Vertragsparteien. Er kann sämtliche Planungsleistungen (Gesamtvertrag) oder auch nur Teilleistungen beinhalten. Bei fehlenden oder konfliktbehafteten Vertragsbestandteilen gilt das geltende Recht (OR). Ein Planervertrag kann vorzeitig beendet werden, dies hat jedoch unterschiedliche Rechtsfolgen. Ist er seinem Inhalt nach ein Werkvertrag, würde Art. 377 OR gelten, ist er seinem Inhalt nach ein Auftrag, gilt Art. 404 OR.

Technische Normen müssen nicht vereinbart werden, als Bestandteil der allgemeingültigen Regeln der Technik werden sie vorausgesetzt. Wird ein Planervertrag auf die SIA-Ordnungen abgestützt oder ein Mustervertrag des SIA gewählt, muss explizit vereinbart werden, ob der Vertrag gänzlich oder nur in Teilen auf den Ordnungen SIA 102, 103 und 108 basiert.

Aufgrund der zahlreichen Beteiligten an einem Bauvorhaben gibt es viele Verträge, deren Koordination mal bei den Auftraggebenden und mal bei Planenden liegt. Wichtig ist, dass die Verträge aufeinander abgestimmt und die Schnittstellen klar geregelt sind.

Vertragsbestandteile (nicht abschliessend)

Beschrieb

Der Beschrieb enthält die Projektdefinition und das Pflichtenheft.

Leistungsumfang

Der Leistungsumfang sollte pro Phase beschrieben werden. Beim Beschrieb der Leistungen kann das Ausschlussprinzip ein hilfreiches Mittel sein. Die in den Ordnungen SIA 102, 103, 108 enthaltenen Grundleistungen und zusätzlich zu vereinbarenden Leistungen spiegeln nicht immer die Bedürfnisse wider und müssen projektspezifisch geändert oder ergänzt werden.

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Art. 1 von SIA 102, 103 und 108) enthalten die Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien. Die SIA Ordnungen 102, 103 und 108 werden als allgemeine Vertragsbedingungen qualifiziert und bedürfen der Vereinbarung durch die Parteien. Die SIA Verträge basieren auf diesen Ordnungen.

Projektorganisation

Wesentlich ist die Festlegung der Projektorganisation in der Planungs- und Ausführungsphase. Vertragliche Beziehung sowie die Weisungsbefugnisse werden in einem Organigramm dargestellt.

Vergütung

Festzulegen sind erstens die Honorierungsart: nach effektivem Stundenaufwand, Pauschale/Globale oder in Relation zu den Baukosten sowie zweitens die Berechnungsgrundlagen und Faktoren für die Honorarberechnung, der vereinbarte Stundensatz, die Anpassung infolge Teuerung, die Vergütung von Zusatzleistungen.

Termine und Fristen

Wichtige Termine und Fristen sind sowohl in Bezug auf den Planungs- und Bauprozess und die Fertigstellung als auch in Bezug auf Zahlungsfristen (Zahlungsplan) zu fixieren.

Haftung

Für die Frage der Haftung der Planenden sind ebenfalls der konkrete Vertrag und das OR massgeblich. Eine Haftpflicht tritt dort ein, wo Gesetz oder Vertrag dies vorsehen. Das Gesetz unterscheidet die vertragliche und die ausservertragliche Haftung.

Bei der ausservertraglichen Haftung besteht zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten kein Vertragsverhältnis. Die Haftung der Schädigerin ergibt sich als Folge einer unerlaubten Handlung. Das Gesetz formuliert dies in Art. 41 OR wie folgt: «Wer einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.» 4

Die vertragliche Haftung charakterisiert sich dadurch, dass zwischen der Schädigerin und dem Geschädigten ein Vertragsverhältnis besteht und der Schädiger als Folge einer Vertragsverletzung für den daraus entstandenen Schaden haftbar wird. Art. 97 OR formuliert dies wie folgt: «Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.» 5

Aus Verletzung der Sorgfalts- und Treuepflicht sowie bei Fehlplanungen können Rechtsfolgen wie Schadensersatzpflicht, Genugtuung und Honorarminderung oder Honorarverlust entstehen.

Haftung des Beauftragten «Bei verschuldet fehlerhafter Vertragserfüllung hat der Beauftragte dem Auftraggeber den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt insbesondere bei Verletzung seiner Sorgfalts- und Treuepflicht, bei Nichtbeachtung oder Verletzung anerkannter Regeln seines Fachgebietes, bei mangelnder Koordination oder Beaufsichtigung, bei Nichteinhaltung von vereinbarten Fristen und Terminen sowie bei ungenügender Kosteninformation. Bei Kosteninformationen darf der Auftraggeber unter Berücksichtigung des Genauigkeitsgrades auf die Richtigkeit der Gesamtsumme vertrauen, nicht aber auf die Richtigkeit einzelner Teilbeträge [...].» 6

Haftung der Auftraggebenden tritt ein bei «Nichteinhaltung von Terminen und Fristen» 7  sowie bei «Arbeitsunterbruch», sofern die Auftraggebenden dies zu vertreten haben.

Besonderheit

Der Planervertrag ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Soweit sich eine Haftung der Planenden nicht direkt auf den Wortlaut des Vertrags stützen lässt, kann sie sich daher aus den Bestimmungen über den Auftrag (Art. 394 OR), über Art. 97 OR oder über den Werkvertrag (Art. 363 OR) ergeben, je nachdem ob die fragliche Tätigkeit der Planenden dem Auftrags- oder dem Werkvertragsrecht zu unterstellen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, die in der Rechtslehre kritisiert wird, ist deshalb eine «Spaltung der Rechtsfolgen» denkbar, je nachdem, welche Tätigkeit des Planers betroffen ist. Beim Auftrag spricht man von Verschuldungshaftung 8 , das heisst das sorgfältige Handeln für die erbrachte Leistung steht im Vordergrund, respektive die Planenden haften nur dann, wenn ihnen ein Verschulden vorwerfbar ist. Unter das Auftragsrecht fallen zum Beispiel die Erstellung des Kostenvoranschlags, die Bauleitung oder Vergabe von Arbeiten 9 . Beim Werkvertrag hingegen haften die Planenden für den vertraglich vereinbarten und somit geschuldeten Erfolg, unabhängig davon, ob sie ein Verschulden trifft. Es kommt darauf an, ob man das Ergebnis nach objektiven Kriterien überprüfen und gestützt darauf als richtig oder falsch qualifizieren kann 9 . Unter das Werkvertragsrecht fallen die Erstellung eines technischen Gutachtens oder die Erstellung von Detail- und Ausführungsplänen.

⇧︎1. Vgl. Stöckli, Hubert; Siegenthaler, Thomas: Die Planerverträge. Verträge mit Architekten und Ingenieuren, Zürich 2013, N 1.2.
⇧︎2. Vgl. Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Fünfter Teil: Obligationenrecht, OR, 01.04.2017, Art. 394.3.
⇧︎3. Ebd., Art. 1.1.
⇧︎4. Ebd., Art. 41.
⇧︎5. Ebd., Art. 97.
⇧︎6. Ordnung SIA 102, Ordnung für Leistungen und Honorare der Architektinnen und Architekten, 2020, Art. 1.7.11.
⇧︎7. Ebd., Art. 1.7.3/1.7.4.
⇧︎8. Vgl. Kurer, Martin; Quinto, Cornel; Maffioletti, Walter: Handbuch zum Bauwesen, Zürich 2012, N 132.
⇧︎9. Vgl. ebd., N 133.
⇧︎10. Vgl. ebd., N 133.

Das Honorar ist unabdingbar mit dem unternehmerischen Handeln des Entrepreneurs Planer verbunden. Die Kontrolle eigener, bürointerner Verhältniszahlen, wie zum Beispiel das Verhältnis zwischen den auftragsbezogenen und somit bezahlten Arbeitsstunden und der Soll-Jahresarbeitszeit – dieses Verhältnis wird Produktivität genannt – ermöglicht es, die Unternehmensführung mit der jeweiligen Projektkontrolle zu verbinden, sich Übersicht zu verschaffen, zu prüfen und eine langfristige Perspektive zu erstellen. Auch wenn in einigen Ländern das Honorar mittels Leistungsprozentpunkten unmittelbar über die Erstellungskosten kalkuliert werden darf und kann, empfiehlt es sich, die Kostenstruktur des eigenen Büros zu evaluieren: So kann der vereinbarte Stundensatz mit dem bürointernen Stundensatz verglichen werden.

Bürointerner Stundensatz, Beschaffungswesen

29.05.2020 4 Seite(n)

Der Werkvertrag ist ein gesetzlich geregelter, zweiseitiger Vertrag zwischen Auftraggebenden und Auftragnehmenden (Unternehmen). Als rechtsgültige Grundlage regelt er die Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien. Für die erfolgreiche Erfüllung der zu erbringenden Leistung enthält er Regeln zum Inhalt und zur Abwicklung des zu erstellenden Werks. Das Aufstellen des Werkvertrags gehört zu den Grundleistungen der Planenden im Ausführungsprojekt.

Abgebot, Konsens, OR Art. 363 ff., Rechte und Pflichten, Zuschlag

30.10.2019 4 Seite(n)