Teilnahme
Für Architekturbüros und Planende stellt die Teilnahme an Wettbewerben eine wichtige Quelle der Akquisition dar, sie bedeutet jedoch für die Planungsbüros einen grossen Aufwand, der auch ein beträchtliches Risiko birgt. Die Chance auf einen Auftrag gerade bei offenen Wettbewerben ist relativ gering, da hier die Zahl der Eingaben hoch und das Abgabefeld heterogen ist. Gleichwohl stellen sie für unerfahrene Büros eine Möglichkeit dar, auch ohne Referenzen an Wettbewerben teilzunehmen, um in der Folge möglicherweise einen Auftrag zu erhalten. Doch nicht nur ein zukünftiger Auftrag reizt zu einer Teilnahme an einem Wettbewerb. Ein Wettbewerbsbeitrag dient auch dazu, an der Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten und Haltung zu arbeiten, ohne dabei alle Schwierigkeiten einer Ausführung konkret zu lösen. Die vom Beurteilungsgremium ausgewählten Beiträge werden zudem durch die Publikation in der Fachpresse öffentlich wahrgenommen und steigern das Renommee eines Architekturbüros.
Ablauf
Nachdem die Bedürfnisse und Ziele der Auftraggebenden – beispielsweise mit Vor- und Machbarkeitsstudien – untersucht wurden, werden die Rahmenbedingungen, das Programm und ein Kostenrahmen für die zu erfüllende Aufgabe in Form einer Wettbewerbsauslobung festgehalten. Zu einem festgesetzten Zeitpunkt werden die Wettbewerbsunterlagen und in der Regel ein Situationsmodell an die Interessierten verteilt. Das Wettbewerbsprogramm enthält dabei Bestimmungen zur Durchführung des Verfahrens und zur Aufgabenstellung. 1
Anschliessend besteht die Möglichkeit, dass die Teilnehmenden innerhalb eines im Vorfeld festgelegten Zeitraums schriftlich Fragen zum Wettbewerbsprogramm stellen können. Diese werden von einem unbefangenen Preisgericht in Vertretung der Auftraggebenden schriftlich beantwortet und allen Teilnehmenden zugestellt. Nach einer angemessenen Bearbeitungszeit werden die erarbeiteten Projekte eingereicht. Die Auftraggebenden erstellen, gegebenenfalls mit Unterstützung eines unabhängigen, für die Organisation beauftragten spezialisierten Planungsbüros, eine wertungsfreie Vorprüfung aller eingereichten Arbeiten zur Einhaltung der Programmbestimmungen. Dabei werden in erster Linie die Einhaltung des Abgabetermins und der Anonymität sowie die Vollständigkeit der eingereichten Pläne und Unterlagen überprüft. 2
Das Preisgericht beurteilt die zugelassenen Beiträge, meist in mehreren Rundgängen. Im Anschluss wählt es die rangierten Projekte aus und empfiehlt das Siegerprojekt zur Weiterbearbeitung. Die Kriterien, nach denen geurteilt wird, sind vorgängig festzulegen. Ein abschliessender Beurteilungsbericht 3 stellt alle Arbeiten in einer Gesamtschau dar und geht auf die prämierten Arbeiten näher ein. Die Wiedergabe des Jurierungsablaufs mit Entscheiden und Stellungnahmen soll dabei das Ergebnis nachvollziehbar machen.
Die Durchführung eines Wettbewerbs ermöglicht den Auftraggebenden, die qualitativen, nicht messbaren Schwerpunkte ihres Vorhabens zu definieren, messbare Vorgaben zu platzieren und damit eine Auswahl verschiedener Projekte zu generieren. So erhalten sie ein geeignetes Projekt von hoher Qualität und evaluieren den geeigneten Partner für die Realisierung ihres Vorhabens (Planer/Konzeptevaluation). Im Gegenzug geniessen die Teilnehmenden eine objektive Beurteilung ihrer Beiträge durch ein Preisgericht und erhalten die Aussicht auf einen Preis oder auf einen Auftrag.
Beschaffungsformen
Abhängig von der Absicht und Komplexität einer Bauaufgabe können private wie öffentliche Auslobende zwischen unterschiedlichen Beschaffungsformen wählen. Für die öffentliche Hand gelten in erster Linie die einschlägigen Gesetze und Verordnungen zum öffentlichen Beschaffungswesen; die Ordnungen des SIA sind subsidiär anzuwenden.
Der Wettbewerb nach Ordnung SIA 142, Ordnung für Architektur- und Ingenieurwettbewerbe, 2009, und der Studienauftrag nach Ordnung SIA 143, Ordnung für Architektur- und Ingenieurstudienaufträge, 2009, zählen zu den lösungsorientierten Verfahren. Diese werden gewöhnlich gewählt, wenn ein breiter Fächer an Möglichkeiten aufgezeigt werden soll. Zu den leistungsorientierten Verfahren zählt das Planerwahlverfahren nach Ordnung SIA 144, Ordnung für Planerwahlverfahren, 2022. Dieses wird gewählt, wenn es sich um bereits klar definierte Aufgaben handelt, für die keine konkreten Lösungsvorschläge in Form von Entwürfen notwendig sind, sondern die beste Leistung in Bezug auf Erfahrung, fachliche Kompetenz, organisatorische Eignung und das Honorarangebot gesucht wird.
Beschaffungsformen und Verfahrensarten
Ein wesentlicher Unterschied in den verschiedenen Verfahren ist die anonyme oder nicht anonyme Teilnahme. In der Schweiz bleiben bei Wettbewerben nach Ordnung SIA 142 die Autorinnen der Arbeiten während der Beurteilung anonym. Der verschlossene Briefumschlag mit ihren Angaben wird erst nach Abschluss der Jurierung geöffnet. Ausschliesslich anhand des eingereichten Projekts wird entschieden, wer den Auftrag erhält. Die Anonymität garantiert die Gleichbehandlung aller Teilnehmenden. Im Gegensatz dazu ist beim Studienauftrag nach Ordnung SIA 143 der Dialog zwischen den Auftraggebenden und den Teilnehmenden vorgesehen, weshalb dieses Verfahren nicht anonym durchgeführt wird. Auch das Planerwahlverfahren ist nicht anonym, da gerade die Eignungskriterien der Bewerberin bei der Wahl ausschlaggebend sind.
Bei der Durchführung der obengenannten Verfahren kommen grundsätzlich Verfahren zum Einsatz, die sich am Beschaffungswesen orientieren: offen, selektiv und auf Einladung.
Wettbewerb nach Ordnung SIA 142
Beim Wettbewerb spielen die Qualität eines Vorhabens und die Vielfalt der zur Auswahl gestellten Lösungsansätze die zentrale Rolle. Durch den Wettbewerb erhalten die Auftraggebenden einen optimierten Projektvorschlag von hoher Qualität und finden den Projektpartner für die Realisierung ihrer Bauvorhaben. Die eingereichten Arbeiten der Teilnehmenden werden objektiv durch ein unbefangenes Preisgericht beurteilt und die besten Beiträge werden mit Preisen ausgezeichnet. Das Preisgericht spricht dabei eine Empfehlung aus, entweder für die Auftragserteilung oder für das weitere Vorgehen.
Bei Wettbewerben werden jeweils Preise und gegebenenfalls Anerkennungen zugesprochen. Die Gesamtpreissumme, die in der Wettbewerbsausschreibung definiert wird, muss in vollem Umfang ausgezahlt werden. Die Höhe der Summe hängt von der Höhe des zu erwartenden Honorars ab. Das abgestimmte Honorar wird in der Regel erst bei der Jurierung festgelegt.
Im Preisgericht müssen gemäss Ordnung SIA 142 Fachleute eine Mehrheit bilden. Mindestens die Hälfte der Preisrichter muss unabhängig von den Auftraggebenden sein. Das Preisgericht beurteilt nicht nur die eingereichten Projekte, es genehmigt auch das Wettbewerbsprogramm und beantwortet die Fragen der Teilnehmenden. Zur Beurteilung der eingereichten Projekte können beratend zusätzliche Experten beigezogen werden, die jedoch über kein Stimmrecht verfügen. Die Preisrichter dürfen bis zum Verfahrensabschluss bezüglich der Wettbewerbsaufgabe keinen Kontakt mit den Teilnehmenden haben. Die Aufgaben und die Rechte der Beteiligten beziehungsweise ihre Beziehung zueinander werden in der SIA Ordnung 142 definiert.
Wettbewerbe werden nach den Grundsätzen von Transparenz und Gleichbehandlung immer in anonymer Form durchgeführt. Die Anonymität ist von den Beteiligten bis zum Verfahrensabschluss zu sichern, folglich bis das Preisgericht alle Arbeiten beurteilt und die Preise zugesprochen hat. Im Anschluss an die Beurteilung der Beiträge werden die Ergebnisse an die Teilnehmenden weitergeleitet und durch die Auftraggebenden in der Presse veröffentlicht. Das Urheberrecht an den Wettbewerbsbeiträgen verbleibt bei den Teilnehmenden. Die eingereichten Unterlagen der prämierten Arbeiten gehen ins Eigentum der Auftraggebenden über. Bei gegenseitigem Einverständnis besitzen beide Parteien das Recht zur Veröffentlichung der Beiträge.
Die Ordnung SIA 142 definiert folgende Verfahrensarten für die Durchführung eines Wettbewerbs, die auf das öffentliche Beschaffungsrecht Bezug nehmen: offen, selektiv und auf Einladung.
Je nach Aufgabe, die die Teilnehmenden zu erfüllen haben, und je nach der gesuchten Disziplin, zum Beispiel nur Architekten oder ein Team aus mehreren Planenden, wird zwischen Ideenwettbewerb, Projektwettbewerb und Gesamtleistungswettbewerb unterschieden. Ideenwettbewerb und Projektwettbewerb werden unter dem Begriff Planungswettbewerb zusammengefasst, da beide ausschliesslich Planenden vorbehalten sind, während im Gesamtleistungswettbewerb auch Unternehmerinnen angesprochen sind.
1.1 Planungswettbewerb
Ideenwettbewerb
Wenn die Aufgabe nur allgemein umschrieben und abgegrenzt werden kann, ist der Ideenwettbewerb ein geeignetes Verfahren: Die Auftraggebenden suchen nach einer Idee, ohne dass sie ein konkretes Projekt vor Augen haben. Die entwickelten Projektvorschläge sollen als Grundlage für konzeptionelle Entscheide dienen; die Ausführung eines Projekts muss dabei nicht unmittelbar vorgesehen sein. Als Gegenleistung für die Teilnehmenden dienen Preise, Ankäufe oder Entschädigungen. In der Regel steht beim Ideenwettbewerb kein späterer Auftrag für die Planerleistungen in Aussicht.
Projektwettbewerb
Der Projektwettbewerb ist zur Lösung einer klar umschriebenen Aufgabe geeignet: die Auftraggebenden haben eine klare Vorstellung des Projekts erarbeitet, in der Regel sind auch Machbarkeiten analysiert und eine Projektdefinition einschliesslich Raumprogramm und Funktionsschema vorhanden. Zudem sollen mit dem Verfahren die geeigneten Planenden/das geeignete Planungsteam gefunden werden. Der Vertiefungsgrad der Arbeiten kann frei gewählt werden; es sollten jedoch nur für die Beurteilung substanzielle Leistungen verlangt werden. Als Gegenleistung für die Teilnehmenden dienen Preise, Ankäufe oder Entschädigungen. Zudem erhalten die Gewinnenden die Aussicht auf den Auftrag für die Planerleistungen.
1.2 Gesamtleistungswettbewerb
Der Gesamtleistungswettbewerb wird dann gewählt, wenn die Auftraggebenden die Zusammenarbeit von Architektinnen, Planenden, Spezialisten und Unternehmerinnen wünschen. Die Aufgabe soll dabei klar und präzise beschrieben werden können. Die Teilnehmerteams geben neben den Projektentwürfen eine verbindliche Honorarofferte zu den Planungs- und Bauleistungen ab. Die Auftraggebenden fällen ihren Entscheid aufgrund der Qualität und der Offerte. Als Gegenleistung für die Teilnehmenden dienen Preise, Ankäufe oder Entschädigungen. Zudem erhält das Gewinnerteam die Aussicht auf den Auftrag für die Planerleistungen sowie den Zuschlag für die Bauleistungen. In der Regel werden Gesamtleistungswettbewerbe zweistufig durchgeführt. Dadurch können die Anzahl der Teams, die jeweils ein konkretes Projekt ausarbeiten, geringgehalten werden.
Studienauftrag nach Ordnung SIA 143
Ist ein direkter Dialog zwischen Beurteilungsgremium und Teilnehmenden gewinnbringend, eignet sich hierfür der Studienauftrag. Dies ist bei komplexen Aufgabenstellungen der Fall, deren Rahmenbedingungen im Voraus nicht ausreichend und abschliessend bestimmt werden können, sondern die erst in einem interaktiven Prozess getestet und herausgearbeitet werden sollen. Der direkte Dialog bedeutet «[…] eine geregelte, nicht anonyme, mündliche Kommunikation zwischen dem Beurteilungsgremium und den Teilnehmenden während der Durchführung». 4 In der Regel finden mindestens eine Zwischen- und eine Schlussbesprechung statt. Die Teilnehmenden haben während des Verfahrens keinen Einblick in die konkurrierenden Lösungsansätze. Auch der Kontakt zwischen dem Beurteilungsgremium und den Teilnehmenden ausserhalb der Zwischenbesprechung und der Schlussbesprechung ist nicht zulässig.
Da der Dialog nur mit einer geringen Teilnehmerzahl konstruktiv ist, werden Studienaufträge im selektiven oder eingeladenen Verfahren und nicht anonym durchgeführt werden. Dabei müssen Transparenz und Gleichbehandlung gewährleistet bleiben. Ein unbefangenes Beurteilungsgremium moderiert den Studienauftrag, beurteilt die erarbeiteten Lösungsansätze und hält die Ergebnisse des Studienauftrags fest. Es nimmt keine Rangierung vor. Alle Teilnehmenden werden in gleicher Höhe entschädigt. Bei Studienaufträgen mit Folgeauftrag kann der beste Beitrag vom Beurteilungsgremium ausgewählt und zur Weiterbearbeitung empfohlen werden. Bei den Verfahren ohne Folgeauftrag wird eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen abgegeben.
Die Themen des Urheber- und Veröffentlichungsrechts sind hier so wie bei den Wettbewerben geregelt, allerdings gehen bei Studienaufträgen alle eingereichten Unterlagen in das Eigentum der Auftraggebenden über.
Gemäss Ordnung SIA 143 sind für die Durchführung eines Studienauftrags folgende Verfahrensarten festgelegt, die auf das öffentliche Beschaffungsrecht Bezug nehmen: selektiv und auf Einladung.
Studienaufträge werden analog zu den Prinzipien der Wettbewerbe in Ideenstudie, Projektstudie und Gesamtleistungsstudie unterschieden.
Planerwahlverfahren nach Ordnung SIA 144
Die seit Mai 2022 vorliegende Ordnung SIA 144 für Planerwahlverfahren löst die Leistungsofferte nach Ordnung SIA 144, 2013 ab und berücksichtigt in Anlehnung an das revidierte BöB die Qualität, indem das vorteilhafteste Angebot den Zuschlag erhält. Das Planerwahlverfahren ist ein leistungsorientiertes Beschaffungsverfahren, welches auf die beste Leistung für eine klar abgegrenzte Aufgabenstellung mit kleinem Projektierungs- und Gestaltungsspielraum zielt. Die Leistungsbeschreibung kann «[…] in der Form einer funktionalen Beschreibung der zu beschaffenden Leistung oder eines aufgabenspezifischen Pflichtenhefts erfolgen». 5 Die Angebote umfassen eine Honorarofferte für die Planerleistungen sowie Angaben zu den Anbietenden, wie Referenzprojekte, Kompetenzen der Schlüsselpersonen und Leistungsfähigkeit der Unternehmung. Unter dem Stichwort «Zugang zur Aufgabe» werden Anbietende aufgefordert, Aussagen zu ihrem Aufgabenverständnis, möglichen Vorgehensweisen sowie zur Projektorganisation zu machen. Die Auftraggeberin kann zur Vertiefung eines Teilaspekts eine Arbeitsprobe jedoch keine Projektentwürfe verlangen. 6 Somit steht bei dem Planerwahlverfahren die Qualität der Leistung im Vordergrund, nicht die Qualität der Lösung wie bei Wettbewerben und Studienaufträgen. Der Aufwand bei Planerwahlverfahren soll deutlich geringer als bei lösungsorientierten Verfahren ausfallen.
Ein unbefangenes Bewertungsgremium unter Beteiligung von Fachleuten wird für die Beurteilung der qualitativen Aspekte hinzugezogen. Es berät die Auftraggebenden bereits während der Beschaffung, beurteilt die eingereichten Angebote und gibt eine Empfehlung für die Zuschlagserteilung ab. Eine Entschädigung der Anbieter ist in der Regel nicht vorgesehen.
Die Ordnung SIA 144 definiert bei Planerwahlverfahren, die auf das öffentliche Beschaffungsrecht Bezug nehmen, folgende Verfahrensarten: offen, selektiv und auf Einladung.
Ein bindender Grundsatz des Planerwahlverfahrens ist die Zweicouvertmethode. Sie zielt darauf, die qualitativen Aspekte unabhängig vom Preis zu beurteilen. Das erste Couvert enthält die Qualifikationsdaten, die Beschreibungen der angebotenen Leistungen sowie allfällige Auftragsanalysen und Angaben zur Vorgehensweise. Das zweite Couvert enthält das Preisangebot. Diese zwei Angebote werden separat voneinander eingereicht. Erst wenn die qualitativen Aspekte der Offerten beurteilt, die Angebote rangiert und die Ergebnisse in einem Zwischenbericht festgehalten worden sind, werden die Preisangebote in die Bewertung miteinbezogen. 7 Die Anbietenden des vorteilhaftesten Angebots haben Anspruch auf den Auftrag.
Anmerkung
Nicht in jedem Fall werden Wettbewerbe gemäss den Ordnungen des SIA ausgeschrieben. So lange die Spielregeln des öffentlichen Beschaffungswesens eingehalten werden, liegt es im eigenen Ermessen des öffentlichen Auslobers, die weiteren Regeln festzulegen. Generell hält sich die öffentliche Hand an die Standesregeln des SIA, Abweichungen tauchen aber immer öfter auf. Private Investorinnen schreiben häufig in Anlehnung an den SIA aus. Das Urheberrecht, die Zusammensetzung des Planerteams für den weiteren Planungsablauf, Bekanntmachung bzw. Geheimhaltung der Ergebnisse sowie Preissummen und Kürzungen der zu leistenden Planungsphasen werden so frühzeitig ausgehebelt. Es gilt, Auslobungen dieser Art genau zu prüfen und sich bei Unklarheiten – beispielsweise durch den Rechtsdienst des SIA – rechtlich beraten zu lassen. Die Planenden akzeptieren mit der Anmeldung an einem Verfahren grundsätzlich die in der Ausschreibung definierten Regeln, weshalb ein genaues Studium der Wettbewerbsauslobung vor der Anmeldung an Bedeutung gewinnt.
Wir empfehlen des Weiteren, auch die Zusammensetzung der Jurymitglieder genauer zu analysieren. Einerseits soll die Jury aus qualifizierten, unabhängigen Fachleuten bestehen und die Mehrheit der Preisrichter müssen Fachpreisrichter sein. Andererseits spielen die Jurymitglieder des Fachpreisgerichts, insbesondere die Juryvorsitzende, bei der Auswahl der prämierten Arbeiten eine grundlegende Rolle. Deshalb ist es zielführend, sich im Vorfeld mit der Zusammensetzung des Fachpreisgerichts zu befassen.
Geschichte des Wettbewerbs
Der Architekturwettbewerb, so wie wir ihn heute kennen, wurde bereits im 19. Jahrhundert entwickelt. Funktionierende demokratische Strukturen und wachsende Bautätigkeiten der öffentlichen Hand liessen den Wettbewerb als geeignetes Mittel zur Reaktion auf verschiedene Konflikte aufkommen. Eine erste Wettbewerbsvorschrift wurde vom Architekten-Verein zu Berlin 1867 in Berlin veröffentlicht. Der 1837 gegründete SIA hat im Jahr 1877 eine Wettbewerbsordnung erarbeitet, die unter dem Titel «Grundsätze über das Verfahren bei öffentlichen Konkurrenzen» die grundlegenden Regeln, die auch heute noch ihre Gültigkeit haben, bereits festhielt. In beiden Ordnungen sind Bestimmungen zu den wesentlichen Themen des Verfahrens, des Preisgerichts, der Veröffentlichung und Vergütung der Arbeiten festgehalten, sie stimmen in ihren Grundsätzen überein. 8
Internationale Wettbewerbe
In vielen Ländern haben sich architektonische Wettbewerbe etabliert. Die Regeln, nach denen die Verfahren durchgeführt werden, unterscheiden sich jedoch in den verschiedenen Ländern massgeblich. Auch die Vorschriften, wann ein Auftrag über einen Wettbewerb zu vergeben ist, sind unterschiedlich, weshalb auch die Anzahl ausgeschriebener Verfahren von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfällt. Der Architects’ Council of Europe (ACE) hat 2004 für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) Empfehlungen erarbeitet, wie Wettbewerbe organisiert werden sollen. Der ACE ist eine nicht profitorientierte Organisation für die Vertretung der Interessen der Architektinnen und Architekten in Europa. Die 10 Regeln des ACE schliessen im Grundsatz ähnliche Bedingungen ein wie die Ordnungen des SIA.
Die weltweit agierende United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) hat 1978 Empfehlungen zur Durchführung von internationalen Architektur- und städteplanerischen Wettbewerben verfasst. Die Union Internationale des Architectes (UIA) hat diese Empfehlungen aufgegriffen und mit Kommentaren als Richtlinien für die Durchführung von Wettbewerben herausgegeben. Die Empfehlungen sind anders aufgebaut als die der UNESCO, nehmen aber inhaltlich in vielen Punkten Bezug auf die Regeln der ACE. Eine Hürde bei der internationalen Berufsausübung sind die landesinternen Bestimmungen zur Berufszulassung. In vielen Staaten ist eine Mitgliedschaft in der entsprechenden Architektenkammer nötig, um als Architektin oder Architekt arbeiten zu können. Die bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der Europäischen Union ermöglichen Schweizer Architektinnen und Architekten mit Masterabschluss oder Register A-Mitgliedschaft die Berufsausübung im EU-Raum.