Ausschreibungsverfahren
Das Ausschreibungsverfahren ist ein markt- und qualitätsorientierter Wettbewerb für Bauleistungen, bei dem die Auftraggebenden gleichzeitig mehrere Unternehmen zur Angebotsabgabe einladen, mit dem Ziel, das geeignetste Unternehmen mit dem besten Angebot in Bezug auf Qualität, Beteiligte, Preis und Termin zu finden. Als Grundprinzipien der Ausschreibung gelten Transparenz während der Durchführung und Gleichbehandlung der Anbietenden. Im Gegensatz zu privaten Auftraggebenden, die frei über die Wahl der Unternehmen entscheiden können, unterliegt die öffentliche Hand bei der Vergabe von Bauleistungen und Lieferungen dem öffentlichen Beschaffungswesen und hat diese öffentlich auszuschreiben.
Dem Ausschreibungsverfahren geht die Wahl des Unternehmermodells voraus. Je nach gewähltem Organisationsmodell unterscheiden sich die Ausschreibungsverfahren und deren Ziele: Einzelleistungsunternehmen brauchen in der Regel zur Evaluation ihres Einheitspreises Mengen- und Massenauszüge in Form eines Leistungsverzeichnisses, General- oder Totalunternehmen benötigen für ihre Pauschalen/Globalen eher generelle Beschriebe, Listen und Verzeichnisse, die sich auf das Ganze beziehen.
Die Architektinnen stellen für die Ausschreibung einheitliche und vergleichbare Unterlagen zusammen, die es den Unternehmen erlauben, ihren Aufwand, Arbeitszeit und Materialverbrauch abzuschätzen und ein Angebot – in der Schweiz auch Offerte genannt - abzugeben. Gemeinsam mit den Auftraggebenden erstellen sie eine Unternehmerliste und legen die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung fest. Es folgt die Einladung an Unternehmen und Lieferanten zur Angebotsabgabe bis zu einer gesetzten Frist, bei einer öffentlichen Vergabe erfolgt sie auf der elektronischen Plattform simap. Die in Konkurrenz erstellten Angebote der Unternehmen und Lieferanten werden durch die Architekten auf Vollständigkeit kontrolliert sowie inhaltlich und rechnerisch geprüft. Daraufhin werden alle Angebote unter Berücksichtigung der Eignungs- und Zuschlagskriterien, wie unter anderem Qualität, Kapazität, Preis und Termine verglichen. Die Angebote der Unternehmen schliessen das Einverständnis mit den Bedingungen der Ausschreibung ein. In den sich anschliessenden Vergabegesprächen können die Auftraggebenden den Auftrag direkt vergeben; lassen sie sich durch die Architektinnen vertreten, stellen diese einen Vergabeantrag an die Auftraggebenden. Mit Abschluss des Werkvertrags zwischen Auftraggebenden und Unternehmen und Lieferanten werden unter anderem die wechselseitigen Rechte und Pflichten sowie die Vergütung der Leistung festgeschrieben. Die Norm SIA 118, Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten, 2013, regelt Abschluss, Inhalt und Abwicklung von Verträgen.
Nach der Vergabe können die Unternehmerpreise in einen bereinigten Kostenvoranschlag überführt werden. Dieser stellt künftig die verbindliche Bezugsgrösse dar und wird von den Auftraggebenden bewilligt. In Bezug auf die Termine ist ein mit allen Planenden koordiniertes Planlieferungsprogramm sowie ein provisorischer Ablauf- und Terminplan für die Ausführung zu erstellen. Termine und Fristen werden in der Regel zum Bestandteil der Verträge mit den Unternehmen und Lieferanten.
Bestandteile der Ausschreibung
Es gilt, das Projekt vollständig, unmissverständlich und systematisch in Bezug auf Konstruktion, Material, Qualität und seine Besonderheiten, Rahmenbedingungen und Projektziele zu beschreiben. Grundlage für die Ausschreibungspläne bilden das genehmigte Bauprojekt, die Detailpläne, das statische Projekt sowie die Konzepte und Pläne der Haustechnik und des Innenausbaus. Beschrieb und Leistungsverzeichnis bilden den Kern der Ausschreibung und sind wesentliche Werkzeuge der Architekten, die Ausführungsqualität zu kontrollieren und zu steuern. Im Fall eines Widerspruchs haben der Beschrieb und das Leistungsverzeichnis Vorrang vor den Plänen.
Die Ausschreibungsunterlagen enthalten in der Regel folgende Bestandteile:
- Beschrieb und/oder Leistungsverzeichnis,
- Ausschreibungspläne 1:200/100/50, Detailpläne 1:20/10/5/1,
- Besondere Bestimmungen, zum Beispiel das Baugrundstück betreffend,
- Termine,
- Organisation,
- Vertragsurkunde oder Werkvertrag inkl. aller Bestandteile,
- Angabe aller vereinbarten allgemeinen Bestimmungen, wie Normen etc.
Qualitätssicherung
Zusätzlich zu Beschrieb und Leistungsverzeichnis bestehen während des Auswahlverfahrens weitere Möglichkeiten, Einfluss auf die Qualität zu nehmen. Erstens ist die Wahl der Unternehmen zu nennen, die zur Angebotsabgabe eingeladen werden. Die Architektinnen können den Auftraggebenden aktiv persönlich bekannte Unternehmen, über Recherchen zu Referenzbauten evaluierte Unternehmen oder durch Dritte empfohlene Unternehmen vorschlagen. Zweitens ist eine Einflussnahme durch die Auswahl und Gewichtung der Eignungs- und Zuschlagskriterien möglich. Drittens bietet das Vergabegespräch den Architekten die Gelegenheit, dem Unternehmer den Entwurf und ihre gestalterischen Absichten zu erklären und auf Besonderheiten in der Ausführung hinzuweisen. Im Dialog können Unschärfen bereinigt, Ausführungsvarianten besprochen und Gewissheit über die Kompetenz der Unternehmerin gewonnen werden. Die Steuerungskriterien während des Auswahlverfahrens sind für das öffentliche Beschaffungswesen aufgrund des Gleichbehandlungsprinzips nicht zulässig.
Die Phase Ausschreibung entspricht der Teilphase 41 Ausschreibung, Offertvergleich, Vergabe innerhalb der Phase 4 Ausschreibung gemäss der Norm SIA 112 Modell Bauplanung, 2014.